„Ich bin dann mal weg“ – wer hat diesen Ausdruck nicht schon mal gehört oder selbst verwendet, seit der Bestseller von Hape Kerkeling vor mehr als 10 Jahren erschienen ist?
Darin beschreibt der Entertainer seine Pilgerreise auf dem Jakobsweg, dem „Camino“. Der bekannteste Pilgerweg Europas endet im Wallfahrtsort Santiago de Compostela in Nordspanien. Dort befindet sich das Grab des Apostels Jakobus.
Am 25. Juli ist der Festtag des Heiligen. Von Beruf war Jakobus zunächst Fischer wie sein Vater Zebedäus und sein Bruder Johannes. Aber beide Söhne verließen ihr Boot und ihren Vater, um Jesus als Jünger zu folgen. Der Überlieferung nach soll Jakobus nach Jesu Tod in Spanien gepredigt haben. Deshalb wurden seine Gebeine nach seinem Märtyrertod wieder dorthin gebracht.
Nachdem sein Grab lange in Vergessenheit geraten war, wurde es im 9. Jahrhundert von einem Eremiten wiederentdeckt.
Im 11./12. Jahrhundert wurde Santiago zu einem der größten Wallfahrtsorte Europas. Über den ganzen Kontinent – auch durch Ostwestfalen – führen feste Wege dorthin.
Seit den 1970er-Jahren – und in Deutschland besonders seit der Erscheinung des Buches „Ich bin dann mal weg“ – ist die Wallfahrt nach Santiago de Compostela wieder „in“. Waren es 1990 noch knapp 5000 Pilger, so haben sich 2015 über 260 000 Pilger zu Fuß, per Fahrrad oder auf dem Pferd auf den Weg gemacht. Nach Spaniern und Italienern stellen die Deutschen die drittgrößte Gruppe.
Zusammen mit Freunden bin auch ich vor einigen Jahren den „Camino“ gepilgert.
Aber anders als in dem Bestseller beschrieben, haben wir in den Pilgerherbergen kaum schlimme Zustände angetroffen, aber auch nicht so viele skurrile Leute getroffen – einiges entsprang da sicherlich Kerkelings „dichterischer Freiheit“.
Aufgefallen ist uns dabei, wie viele Menschen unterwegs waren, in deren Leben Veränderungen anstanden: von der Schule ins Studium, vom Studium ins Arbeitsleben, vom Arbeitsleben ins Rentnerdasein, der Tod eines Partners oder das Ende einer Beziehung.
Wie bisher ging es nicht weiter – und nun? Welche Ziele sollten sie verfolgen? Mit welchen Schwierigkeiten mussten sie rechnen? Würden ihre Kräfte für den angestrebten Weg ausreichen? Darüber haben wir unterwegs und abends in den Herbergen viele interessante Gespräche geführt. Und das auch mit zahlreichen Menschen, die sich als nicht kirchlich gebunden oder sogar religiös nicht interessiert einordneten. Dennoch bezeichneten sie das Pilgern als „richtigen Weg“ um „weiterzukommen“. Sie fragten sich: „Wie kann es gehen?“ oder andere machten ihnen Mut: „Da geht noch was!“ Hier weist uns die Sprache schon darauf hin, dass mit äußerlicher Bewegung auch oft eine innere einhergeht. Hektische Leute wurden durch das langsame, wochenlange Gehen ruhiger und sahen ihre Probleme klarer.
Auf ihre Sorgen fixierte Menschen erfuhren durch Gespräche, dass andere ähnliche oder sogar noch schlimmere Schicksalsschläge zu verkraften hatten. Sie bekamen Anregungen, wie sie ihr Leben anders gestalten konnten. Andere spürten auf den langen Wegen, dass doch mehr Kraft und Durchhaltevermögen in ihnen steckte, als sie geglaubt hatten. Und der eine oder andere berichtete auch von spirituellen Erfahrungen.
Auf einem Pilgerweg nimmt man sich immer selbst mit. Niemand kommt völlig anders ans Ziel, als er aufgebrochen ist. Doch die eine oder andere Grenzverschiebung ist möglich.
Diese Erfahrung hat auch der heilige Jakobus gemacht. Er wusste nicht, was er mit Jesus erleben würde. Aber am Ende ist der Fischer über sich selbst hinausgewachsen und zum „Menschenfischer“ geworden, der andere für den Glauben begeistern konnte.
Ein Beitrag von Gemeindereferentin Armgard Diethelm.